Archiv für März, 1943

Unter Beschuss

Freitag, 26. März 1943

Hier in dieser Stellung lernten wir auch die ersten russischen Maschinen kennen. Eines frühen Morgen schwirrten einige russische Jäger im Tiefflug in unseren Luftraum ein. Ich hatte noch keinen Bedienungsposten und sah zu. Zuerst eröffneten unsere drei 2 cm Geschütze das Feuer. Ihre bunten Leuchtspurketten zogen sich den Angreifern entgegen. Diese kurvten etwas und wichen dann in größere Entfernungen aus. Nun trat die 8,8 cm in Tätigkeit. Sie schoß über uns hinweg. Unser Finnenzelt bebte bei jedem Schuß. Ich erschrak auch, wenn der Geschoßknall über uns ging. Es war ein Knall, ähnlich dem Schlagen einer hohlen Hand auf eine Wasserfläche. Beim Rückflug kamen die Jäger über uns hinweg. Oblt. Siebeck befahl, als er die Russen auf sich zukommen sah, „Alles an die Karabiner“. Einige rannten zu den Karabinern. Plötzlich fingen die 2 cm zu bellen an. Auch unser MG15 eröffnete das Feuer. Ein Teil der Bedienung warf sich bei diesem Geknalle in Deckung. Auch ich mit. Ob ich in dem Schießen der 2 cm die Bordkanone der Jäger gehört habe oder ob ich mich hinschmiß damit die Maschinen nicht mit mir zusammenstoßen sollten, das weiß ich heute nicht mehr. Die 8,8 schickten noch einige Sprengpunkte hinterher. Die letzten Sprengpunkte waren gerade noch am Horizont zu erkennen. Die Rohrerhöhung betrug 5°. Zu guterletzt mußten wir feststellen, daß eigentlich gar nichts weiter los war. In den nächsten Tagen war das früh genau so. Wenn alle Luftgefechte so reibungslos verlaufen, konnte man das Leben als Flaksoldat aushalten.

Beschwippst in den Frühling

Mittwoch, 24. März 1943

Der nächste Tag war Sonntag, zugleich Frühlingsanfang. Es gab Marketenderwaren. Ich kannte so etwas noch nicht und sah dem Aufteilen dieser Sachen interessiert zu. Schnaps und Likör wurden am Abend gemeinschaftlich getrunken. Natürlich haben die alten Krieger uns zwei junge Kanoniere nach allen Regeln der Kunst fertig gemacht. Es ist doch schön, so leicht benebelt zu sein. Man lebt wie in einer anderen Welt, so lustig wurde mein Gemüt. Der Schlußpunkt war: Ich fiel um, wo ich stand. Damit hatte der Tag, an dem ich zum ersten Male einen sitzen hatte, für mich einen Abschluß gefunden. – Die nächsten Tage mußten wir mit in den Wald fahren, um dort Stämme zu fällen zum Ausbau der Stellung. Es ist ja überall so üblich, daß die Neuen zu all den Arbeiten geschickt werden, die man selbst nicht gern macht. Wir mußten uns eben erst das Vertrauen und die Achtung unserer Vorgesetzten und Kameraden gewinnen. Damals sah ich in Herrn Ufw. Theißen einen strengen, sachlichen und diensteifrigen Mann. Erst mit der Zeit lernte ich ihn richtig kennen. Darauf komme ich später noch zurück. Wir beiden Neulinge wurden gleich richtig angefaßt und wir haben gleich den richtigen Wind bekommen.

Start beim Meßtrupp

Samstag, 20. März 1943

Am 19. März wurden wir plötzlich abgeholt und mussten zur Batterie, die in Jarzewo lag. Wieder beim Huw. [Hauptfeldwebel] gemeldet. Diesmal war es Spieß Hampe. Wie bekamen gleich den Sold nachgezahlt und 8 Tafeln Schokolade. Am nächsten Morgen wurden wir zum Meßtrupp geschickt. Meßoffizier war Oblt. Heudel. Die B I war personell voll. Da wir aber durch das Kdo.-Ger. 40 die Flakschießlehre beherrschten und dazu unsere Ausbildung an der 8,8 cm nicht angaben, tat uns Ufw. Theißen einstweilen in die B II. Mein Freund Gerhard Kleber sagte, wohl unter dem schlechten Eindruck den wir machten, als wir zum ersten Mal am für uns völlig unbekannten Kdo.-Ger. 36 standen, er wolle lieber zum Geschütz gehen. Nur mit Mühe konnte ich ihn hiervon abhalten. Heute kann ich sagen, ich habe Recht behalten. Ich glaube, wir haben in der Meßstaffel eine schöne Zeit verlebt.

Die erste Bombe

Donnerstag, 11. März 1943

Wir übernachteten 6 km vor Smolensk in einem Russenhaus. Als wir dem Russen, der mit seiner Familie das Haus bewohnte, etwas Fleisch gaben, war er vor Freude ganz außer sich und sagte, dass er lieber die Deutschen hätte, denn die Russen nehmen ihm alles weg. Am nächsten Tag erreichten wir Smolensk und bezogen das Waldlager als den Stützpunkt der I/36. Hier verlebte ich nun 3 gute Wochen. Unsere Beschäftigung war nur an den Fahrzeugen Posten zu stehen und etwas Holz zerkleinern. In der Stadt sahen wir uns Filme und andere Veranstaltungen an. Für das leibliche Wohl wurde auch ganz gut gesorgt. Bei einem russischen Fliegerangriff in einer Nacht fing es plötzlich in der Luft an zu rauschen. Es klang wie ein fahrender Eisenbahnzug. Es war ein mir unbekanntes Geräusch. Plötzlich krachte es. Ich rannte vor Schreck ins Haus. Dann sagte man mir, daß es in unserer Nähe eingeschlagen hat. Hier habe ich zum ersten Male das Pfeifen und Einschlagen von Bomben gehört.

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